25.03.2021
Dass Künstliche Intelligenz unsere Art zu arbeiten, zu produzieren, zu konsumieren und zu leben radikal verändert, steht bereits fest. Viele Unternehmen fragen sich aber noch immer: Was bringt uns KI? Wie können wir sie nutzen? Antworten fanden mehr als 700 Teilnehmer*innen beim OÖ Zukunftsforum 2021 unter dem Generalthema „Der Mensch im Zentrum Künstlicher Intelligenz“. 34 hochkarätige Expert*innen zeigten in digitalen Sessions Möglichkeiten und Chancen in verschiedenen Anwendungsfeldern auf – von Mobilität über energieeffiziente Produktion und Regionalentwicklung bis hin zur Unterstützung des Menschen im Alltag. Zudem lieferte ein Beginner-Workshop Tipps für Einsteiger*innen.
Der Tenor stand in allen Sessions im Einklang mit dem Motto des Zukunftsforums: Das Miteinander von Mensch und Maschine wird der entscheidende Erfolgsfaktor. Wo es gelingt, Fähigkeiten zu vereinen, wird Künstliche Intelligenz positive Auswirkungen auf unser Leben haben, ja manche Entwicklungen überhaupt erst möglich machen.
Ein Beispiel von vielen: „Wenn alle Nachbarn gleichzeitig ihren Tesla laden, wird’s schwierig für das Netz. Dafür braucht es intelligente Systeme, um die Energieversorgung zu steuern“, skizzierte Energie-AG-Technikvorstand Stefan Stallinger in der Eröffnungsrunde. Landeshauptmann Thomas Stelzer brachte die Medizintechnik als Anwendungsfeld ein: „Gerade in der aktuellen Gesundheitskrise zeigt sich, wie wichtig und nutzenbringend sich KI einsetzen lässt“. Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat Markus Achleitner erklärte den Ansatz in der heimischen Wirtschafts- und Forschungsstrategie: „Es geht darum, aus der Digitalisierung Wertschöpfung, neue Geschäftsmodelle zu erzeugen. Und KI ist da ein großer Treiber.“
Keynote-Speakerin Michaela Jungwirth, Data Science Expertin bei Accenture Österreich, zitierte aus einer Umfrage unter 1.500 Top-Manager*innen. Acht von zehn sehen ohne KI ihr Geschäftsmodell bedroht. Genauso viele haben bereits Pilotversuche gestartet. Doch auf dem Weg in die Umsetzung lauern viele Stolpersteine. „Um sie zu überwinden, darf die Umsetzung nicht an einzelnen Personen hängen. Es braucht multidisziplinäre Teams, ein KI-Mindset im ganzen Unternehmen, ein datengetriebenes Denken“, so Jungwirth.
Dass die Unternehmen offen für die Nutzung ihrer Daten sind, bestätigte WKOÖ-Vizepräsidentin Angelika Sery-Froschauer. „Sie sehen: KI ist kein Trend, es ist eine langfristige Entwicklung. Wir merken eine große Nachfrage vor allem von KMU in unserer Beratung.“
IV OÖ-Präsident Axel Greiner hob das einzigartige Biotop in Oberösterreich hervor, das helfe, Industrie mit Start-ups zu vernetzen. „So spielt es keine Rolle ob klein oder groß. KI kann so allen nutzen, wenn wir genügend Fachkräfte haben. Ich hoffe stark auf die neue Digitaluniversität.“
Wo bloß beginnen? Anhand unterschiedlicher Fallbeispiele zeigte Julia Zukrigl, Gründerin von YOUR DATA IS YOUR PRODUCT, erfolgversprechende Ansätze und hatte auch gleich einige Tipps parat, die den Einstieg erleichtern sollen. So gehe es darum, den Nutzen begreifbar zu machen und die Mitarbeiter*innen davon zu überzeugen. Wildes Datensammeln sei nicht angebracht, sondern Zielorientierung gefragt. Eine Botschaft war ihr aber wichtig: „KI ist nicht nur was für die Großen, jedes Unternehmen, das mit Daten arbeitet, kann sich mit dem Thema beschäftigen.“
„Es gibt schon tolle Anwendungen für KI, aber die Killerapplikation ist autonomes Fahren“, stellte Rudolf Ramler vom Software Competence Center Hagenberg seinem Vortrag voran. Die Forschungseinrichtung beschäftigt sich mit der Zuverlässigkeit von KI – nach dem Motto „testen, testen, testen“.
Denn bis die KI das Steuer wirklich übernimmt, sind noch viele Kilometer zu fahren. Neben allen technischen Entwicklungen spielt das Vertrauen, besser gesagt die Vertrauenswürdigkeit der KI eine entscheidende Rolle. Und daran kiefeln Unternehmen genauso wie Forschungseinrichtungen: Hält die KI gesetzliche Bestimmungen ein? Das ist beispielsweise das Geschäftsfeld der Kontrol GmbH. Und die Frage ist komplex, denn die Straßenverkehrsordnung ist umfangreich und regionsspezifisch extrem vielfältig.
Steigerung der Produktivität, Steigerung der Ressourceneffizienz und eine Flexibilisierung des Produktionsprozesses – das waren die meistgenannten Erwartungen der Teilnehmer*innen an KI bei einer zu Beginn durchgeführten Umfrage. Und genau das waren auch die beherrschenden Themen der gesamten Session: Sei es die Optimierung der Qualität von Stahlschrott, die vorausschauende Wartung von Maschinen und Anlagen oder Algorithmen für die optimale Abstimmung von Energiesystemen.
Die große Stunde der Algorithmen schlägt immer dann, wenn es um komplexes Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren geht. Daher finden sich auch in der Stadtplanung Anwendungsfelder für KI, wie Angelos Chronis vom Austrian Institute of Technologie zeigte: Mit Hilfe von KI werden beispielsweise Lärmentwicklung oder Klimaveränderungen simuliert.
Auch am Bau hält KI Einzug: Franz Haller von Mixteresting stellte seine Software vor, die aufs Optimieren von Betonmischungen spezialisiert ist. 700 Mio. Tonnen CO2 ließen sich jährlich mit dieser Methode einsparen. Bei Rhomberg Bau sind dagegen Roboterhunde auf den Baustellen unterwegs und übernehmen Vermessungs- und Inventuraufgaben.
Und beim Kompetenzzentrum Holz beschäftigt sich Forscher Martin Riegler mit der Fertighausproduktion der Zukunft: Ein Assistenzsystem unterstützt die Arbeiter*innen beim Zusammenbauen der Fertigteilelemente. „Dadurch brauchen sie im Vergleich zur Arbeit mit Papierplänen nur die Hälfte der Zeit.“
Eine große Herausforderung liegt dabei in der Interaktion Mensch – Roboter und in der Akzeptanz einer KI als „Kolleg*in“. Zahlreiche Projekte der FH Oberösterreich und von Forschungseinrichtungen beschäftigen sich mit solchen Anwendungsfällen. Roman Froschauer, Professor für Produktionsinformatik an der FH OÖ Campus Wels, stellte etwa vor, wie digitale Arbeitsanweisungen gestaltet sein müssen, um sie gut nutzbar zu machen.
Wie KI auch zur Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigung beitragen kann, zeigte unter anderem David Hofer vom Linzer Unternehmen Lifetool. Dort werden verschiedenste Assistenzsysteme entwickelt, die beispielsweise seh- oder sprachbehinderten Menschen eine Interaktion mit ihrem Umfeld ermöglichen.
Fazit nach mehr als 13 Stunden spannender, abwechslungsreicher Inputs der 34 Expert*innen: Der Mensch bleibt zentrales Element. Wenn die Unterstützung durch KI nicht gut gemacht oder nicht stabil ist, wird der Stress sogar größer. Daher müssen die Menschen, die potenziellen Anwender*innen, von Anfang an in die Entwicklung eingebunden werden und die Möglichkeit haben, laufend Rückmeldungen zu geben.
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Rudolf Trauner Preis
für FH-Professor