Was Computer und Hobel gemeinsam haben

Der Lehrgang KMU Accelerator greift Handwerksbetrieben im Alltag unter die Arme, um sie im Bereich der Digitalisierung zukunftsfit zu machen.

Beim Holzhändler Frischeis in Linz überzeugten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von der realitätsnahen Darstellung mittels Virtual Reality © Business Upper Austria
Beim Holzhändler Frischeis in Linz überzeugten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von der realitätsnahen Darstellung mittels Virtual Reality © Business Upper Austria

23.11.2020

Tischlerei ist ein Handwerk, das Kraft, Kreativität und viel Liebe im Umgang mit Werkstoffen erfordert. Unter diesem Gesichtspunkt ist die digitale Welt ein krasser Gegensatz zu Hobelbank und Hobel. Der Lehrgang KMU Accelerator zeigte auf, dass es doch sehr viele Synergien gibt, auf die das Handwerk angewiesen ist, um fit für die Zukunft zu sein. Die vom Möbel- und Holzbau-Cluster der oö. Standortagentur Business Upper Austria konzipierte Veranstaltungsreihe gab Tischlereibetrieben in 13 Modulen konkrete Tipps zur digitalen Transformation von Handwerksbetrieben.

BIM ist nicht immer eine Straßenbahn und Sparrow hat nicht zwingend mit dem „Fluch der Karibik“ zu tun – auch diese Erkenntnisse nahmen die Teilnehmer bei ihrem Sidestep in die nur vermeintlich ferne digitale Welt mit. „Digitalisierung ist eine Herausforderung für KMU in der Tischlerbranche, um zukunftsfit zu bleiben“, betont Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner, „der KMU Accelerator greift Handwerksbetrieben im Alltag unter die Arme, um sich mit Digitalisierung beschäftigen zu können.“ Projektmanager Gabriel Gruber vom Möbel- und Holzbau-Cluster der oö. Standortagentur Business Upper Austria hatte gemeinsam mit der Bundesinnung der Tischler und Holzgestalter und WKO eine Initiative auf die Beine gestellt, die den Betrieben ganz konkrete Inhalte und Tipps zur Umsetzung der Digitalisierung liefern soll. Der Lehrgang wurde als Teil der Leitinitiative Digitalisierung vom Land Oberösterreich mitfinanziert.


Praxisnah und kundenorientiert

„Klein- und Mittelbetriebe sind die Säule der oö. Wirtschaft. 90 Prozent unserer Betriebe haben weniger als 10 Mitarbeiter, gerade diese Unternehmen profitieren von den ganzen Lösungsmöglichkeiten, die Digitalisierung bringt“, bekräftigt Landesrat Achleitner. Bei Tischlereibetrieben geht es meist darum, Produktionsprozesse und -abläufe zu digitalisieren und somit eine Effizienzsteigerung zu erreichen, aber auch darum, tradierte Geschäftsmodelle in die digitale Zukunft zu überführen. „Innerbetrieblich ermöglicht die Digitalisierung, den Ablauf so zu gestalten, dass der Informationsfluss durchgängig ist und der Datenaustausch mit anderen handwerklichen und bautechnischen Planungen einfach funktioniert“, betont Tischlermeister Michael Ebner, der beim Lehrgang auch Erkenntnisse für seine zweite Firma, die Betonmöbel erzeugt, mitnehmen konnte.

 

„Bei der KMU Accelerator Modulreihe wurde uns verdeutlicht, dass ein funktionierendes ERP-System nur der Start oder ein kleiner Teil der Digitalisierung ist.“

Michael Ebner, Tischlermeister Bernhard Ebner

 

Die einzelnen Module behandelten folgende Themen: Digitalisierung Allgemein, Augmented (AR) & Virtual Reality (VR) im Verkauf, Open Source (Systeme), Building Information Modeling (BIM), E-Vergaberecht, Durchgängige Systeme (ERP), Robotik, IT-Sicherheit, Förderungen 1&2, Webpräsenz – Social Media 1&2, Requirement Engineering, Online Konfiguration & Verkauf. Bei den Veranstaltungen lernten die Teilnehmer auch Technologien kennen, die in Österreich selbst noch nicht zu 100 Prozent etabliert sind. BIM (Building Information Modelling) ist keine Software, sondern eine kooperative Arbeits- oder Planungsmethode zur Erstellung, Koordination und Übergabe eines fachübergreifenden virtuellen 3D-Bauwerksmodells – der vielversprechende digitale Zwilling. So können sich Kunden und Planer auf dem „virtuellen Reißbrett“ ein genaues Bild machen und damit Zeit, Kosten und mögliche Enttäuschungen ersparen.


Kapitän Software-Algorithmus

Peter Schnitzhofer von IT Sparrow gab den Teilnehmern praxisnahe Tipps, wie sie feststellen können, wo ihr Unternehmen in der Digitalisierung steht. IT Sparrow ist weit von Seefahrt und Karibik entfernt, lässt aber trotzdem einen Vergleich mit Kapitänen zu. Schnitzhofer verfolgt die Vision von selbstfahrenden Unternehmen. Rund 80 Prozent der Entscheidungen werden durch Software-Algorithmen basierend auf historischen und hochgerechneten Daten getroffen. Davon sind die meisten Unternehmen noch weit entfernt. „Bei vielen Unternehmen gibt es unterschiedliche Systeme und Insellösungen, weshalb es nicht einfach ist, den Beginn des Datenstroms zu markieren und eine Route zu suchen“, betont Peter Schnitzhofer. Sein Idealszenario: Aufzeichnung der Prozesse und Definition welche Unterstützung das Unternehmen vom System braucht.

 

„Wichtig ist, dass man einen Prozess strukturiert angeht.“

Peter Schnitzhofer, IT Sparrow

 

Fortsetzung über die Grenzen hinaus

Ein neues Programm steht bereits in den Startlöchern: Das mit der oö. Pilotgruppe generierte Wissen soll gesichert werden. Der Lehrgang wird von Oberösterreich auf andere Bundesländer ausgerollt. Mit neuen Gruppen werden neue Themen identifiziert und bearbeitet. Für die Pilotgruppe des KMU Accelerators wird der MHC vertiefende ERFA-Runden und Weiterbildungen zu Digitalisierungsthemen anbieten.

 

„Wichtig ist, dass Angebote zur Weiterentwicklung in den vielfältigen Bereichen der Digitalisierung Kolleg*innen in der Tischlerbranche aufgezeigt und zugänglich gemacht werden. Das Konzept des KMU Accelerators mit seinem praktischen und nutzerorientierten Zugang eignet sich dafür hervorragend und soll unbedingt fortgeführt und weiterentwickelt werden. Die Digitalisierung ist ein Prozess der uns ja bereits begleitet und beeinflusst. Nützen wir diese Chance, verbinden wir Tradition mit den Möglichkeiten, die sie uns bietet und erweitern wir aktiv unseren Gestaltungs- und Handlungsspielraum.“

Gerhard Spitzbart, Bundesinnungsmeister der Tischler & Holzgestalter

 

„Robotik hat uns gezeigt, dass wir in unserem Betrieb mit der CNC-Technologie am richtigen Weg sind. Robotik braucht es für unsere Anwendungsgebiete in naher Zukunft wahrscheinlich nicht – auch eine wichtige Erkenntnis! Die Software die hinter diesen Prozessen steckt ist aber sehr wohl auch für uns interessant, speziell für den kreativen Teil unserer Arbeit.“

Claudia Haslinger, SFK Tischlerei GmbH

 

Facts zum KMU Accelerator

  • Für die 20 Pionierbetriebe war die Fortbildungsreihe kostenlos.
  • Die Initiative wurde von Gabriel Gruber, Projektmanager im Möbel- und Holzbau-Cluster der oö. Standortagentur Business Upper Austria, gemeinsam mit der Bundesinnung der Tischler und Holzgestalter sowie der WKO Oberösterreich auf die Beine gestellt.
  • Der Lehrgang bestand aus 13 Modulen, die an sechs Terminen jeweils bei einem anderen Gastgeber bzw. coronabedingt teilweise virtuell stattgefunden haben.
  • Start Anfang Februar mit den ersten beiden Modulen
  • Themen: Digitalisierung Allgemein, Augmented (AR) & Virtual Reality (VR) im Verkauf, Open Source (Systeme), Building Information Modeling (BIM), Durchgängige Systeme (ERP), Robotik, IT-Sicherheit, Förderungen 1&2, Webpräsenz – Social Media 1&2, Online Konfiguration & Verkauf, Requirement Engineering, E-Vergaberecht

 

Stimmen aus der Wirtschaft:

Was motiviert Firma Schachermayer GmbH diese erfolgreiche (Schulungs-)Reihe weiterhin zu unterstützen?

„Schachermayer als Dienstleister und Logistiker ist ständig bemüht, seine Partner nicht nur verlässlich zu beliefern, sondern auch in den Prozessen individuell zu unterstützen. Daher fördern wir den KMU Accelerator, weil wir glauben, dass auch im Handwerk das Vereinfachen und Digitalisieren der Abläufe Standard wird.“

Wolfgang Rebhandl, Verkaufsleiter für holzverarbeitende Betriebe

 

 

Was motiviert Firma J.u.A. Frischeis GmbH diese erfolgreiche (Schulungs-)Reihe weiterhin zu unterstützen?

„Die Digitalisierung voranzutreiben, ist eine der wichtigsten strategischen Herausforderungen der Zukunft – für jedes Unternehmen. Der KMU Accelerator bietet eine willkommene Plattform, unser digitales Angebot interessierten und innovativen Unternehmern zu präsentieren, deren Anforderungen zu hören und weitere Entwicklungsschritte zu setzen. Gerne unterstützen wir als J. u. A. Frischeis die Initiative auch in Zukunft.“

DI Christoph Kapeller, Niederlassungsleiter J.u.A. Frischeis Linz GmbH